Sanc unde Spil - Musik im Mittelalter

Im Roman wird an einigen Stellen musiziert. Damit man sich ein bisschen besser vorstellen kann, wie das geklungen hat, sind hier entsprechende Musikstücke zu hören. Nicht immer sind es genau die selben, die im Roman genannt werden, aber immer sind es solche, die der Situation entsprechen. Die meisten hat Christoph Mächler von Minnesang.ch - was sage ich: Christoffel vom Hengstacker -  interpretiert.

Der Nibelungen Lied

Manessische Liederhandschift

https://doi.org/10.11588/diglit.2222#0617

Ez wuohs in Palatin ein vil édel magedîn,

daz in allen landen niht schœners mohte sîn,

Alush geheizen: si wart ein schœne wîp.

dar umbe muosen degene vil verlíesén den sin

 

Endlich allein. Es ist nass. Der Boden dicht bedeckt mit Laub. Leere Kastanienhülsen. Ich rieche das Pferd. Den Modergeruch des späten Herbstes und den feuchtwarmen Geruch meiner Kleider. Es regnet nicht mehr. Ich zügle Aimé und höre schwere Tropfen von den Blättern fallen. Auf andere Blätter. Auf den Waldboden. In die Lauter. Tropfen, die sich mit dem Bach vermischen, Töne, die Teil werden von der Musik des Wassers. Es dunkelt schon.

der Nibelungen lied


Volker der Videlaere

Manessische Liederhandschrift

https://doi.org/10.11588/diglit.2222#0619

Hiermit gelobe ich, Ennders von Wolvenegg, dir, Arnulf Streiff von Löwenstein, meine zweitgeborene Tochter, Alush von Wolvenegg, zur Frau zu geben.» Und Streiff antwortet, wie es der Brauch will: «So gelobe ich, Arnulf Streiff von Löwenstein, dass ich Alush von Wolvenegg zur Frau nehmen werde!» «Dann soll die Hochzeit in zwei Tagen, am Ermelindistag, im Jahre des Herrn 1160 stattfinden», beendet Vater das Verlobungsversprechen. Alle klatschen und rufen uns Glückwünsche zu. Volker, der Videlære, beginnt ein Lied von Marcabru über die wahre Liebe vorzutragen.

es ist ein spot

In der Halle ist die Stimmung ausgelassen. Das Gesidele ist an die Seite geräumt und Volker spielt ein Tanzlied. Es ist ein Reigen, bei dem die Frauen sich im inneren Kreis an den Händen halten und die Männer hinter ihnen sie um die Hüften fassen.

wol mier hiut und iemer


Der Minne Lied

Manessische Liederhandschrift

https://doi.org/10.11588/diglit.2222#0354

Reinmar beginnt zu singen und seine Stimme ist so schön, seine Verse so berührend, dass alles Reden verstummt. Als er geendet hat, dankt ihm Streiff mit den Worten: «Lieber Freund, hab Dank, dass ihr meiner Bitte gefolgt seid und den Weg von Hagenau hierher auf euch genommen habt, um uns mit euren Liedern zu erfreuen! Nie hat mein Ohr solch Gesang vernommen, noch nie haben Worte so mein Herz berührt!"

aber hueget mir den muot

Ich lausche dem Minnesänger, dessen wohlklingende Stimme mich innert Kürze in ihren Bann zieht. Er singt davon, wer für die Minne geeignet ist.

froet iuch der vil lieben zyt


Tanz und Gesang

Manessische Liederhandschrift

https://doi.org/10.11588/diglit.2222#0612

Ich geniesse so unauffällig wie möglich, die in endloser Folge aufgetragenen köstlichen Speisen, edlen Weine und seltsamen Früchte wie Artischocken. Und auch die vielen Blicke, die mir trotz züchtig niedergeschlagenen Augen nicht entgehen. Als niemand mehr auch nur einen Mundvoll essen kann, erscheinen zur Unterhaltung mehrere Sänger und auch Sängerinnen. Sie singen Carols, begleitet von Tambûren und Schellen, und dazu führen sie Tänze auf.

danza

Als aller Spott über mich ergossen ist und alle Anekdoten erzählt sind, nehmen ein paar Kommilitonen ihre Instrumente hervor. Einige davon haben Kreuzfahrer von den Muselmannen mitgebracht. Ûd, Santur und Nay erklingen zusammen mit Fiedel und Laute zu ganz eigenen, wunderbaren Weisen. Ich bin gänzlich verzaubert von dieser Musik, die es auf so wundersame Art versteht, fremdartige und vertraute Klänge zu vereinen.

schiarazula


Tagelied

Manessische Liederhandschrift

https://doi.org/10.11588/diglit.2222#0494

 

Mittlerweile ist das Feuer heruntergebrannt und es ist empfindlich kalt. Doch als er noch einmal Holz auflegen will schüttle ich den Kopf. Eng aneinander geschmiegt schauen wir in die verlöschende Glut und Bero beginnt leise zu singen.

«Wie schön das klingt. Hast du das gedichtet?» Bero schüttelt den Kopf. «Ich wünschte, ich könnte so dichten wie Conon de Béthune. Es ist ein Aube, ein Tagelied.» «Seit wann lernt man in einem Kloster Tagelieder?», necke ich ihn. «Der Trouvère hat viele religiöse Lieder gedichtet. Die gab mir Henri zum Erlernen der französischen Sprache. Darunter war auch dieses Tagelied. Es hat mir so gut gefallen, da habe ich es heimlich auswendig gelernt. Ich muss aber gestehen, dass ich nicht alles verstehe. Französisch ist so eine schwere Sprache.» «Mir ging es so mit Okzitanisch. Als wir im Arelat unterwegs waren, waren oft Troubadoure an der kaiserlichen Tafel zu hören. Verstanden habe ich nicht viel, aber allein ihrem Gesang zu lauschen hat genügt, um zu verstehen, worum es in ihren Albas ging.»

lîst du in der minne drô


BEatriz de Dia singt am Mainzer Hoffest

Beatriz de Dia

Von 13th century artist - Bibliothèque Nationale, MS cod. fr. 12473

"Da beginnt eine Trobairitz, die sich Beatriz de Dia nennt, eine Canso, die mich augenblicklich fesselt. Lieblich ist ihr Gesang, doch das spitzbübische Gesicht, das sie dazu macht und die paar Worte, die ich verstehe, lassen mich vermuten, dass der Inhalt ihres Lieds recht frech ist. Und da ich nicht die Einzige bin, die das vermutet, aber das Okzitanische nicht versteht, werden rasch Rufe nach einer Übersetzung laut. Die Trobairitz scheint das erwartet zu haben, denn sie bittet ihre Spielfrau Laura um ihre Hilfe. Die erklärt, dass Beatrix nichts anderes besingen würde als die höfische Liebe, wie es die Art der Troubadoure ist. Allerdings. Allerdings sei dies aus Sicht des Weibes geschehen."

estat und greu cossirier


Gregorianische gesänge

Gregorianischer Text, aufgeschrieben in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Domine_ne_longe.png

Erste Seite des neumenlosen Graduales von Mont-Blandin

https://de.wikipedia.org/wiki/Gregorianischer_Choral#/media/Datei:Codex_10127-10144_fol_90.png

"Jetzt steht sie neben mir. Ehrfürchtig und etwas eingeschüchtert lauscht sie den Liedern, die Père Sewolt singt. Ihre kleine Hand vertrauensvoll in meine geschoben. Unser ganzer Haushalt, bis auf zwei Wachen und die Küchenmägde, sind für den Weihnachtsgottesdienst nach Cerfwiller hinunter geritten, um ihn gemeinsam mit den Bauern in ihrer Kirche zu feiern. Die kahlen Holzwände sind reich geschmückt mit Tannenzweigen und auf dem Altar brennen zwei grosse Kerzen. Ze wihen naht."

Alma Redemptoris Mater

"Es ist ein kalter, klarer Wintertag an dem sich Judiths ganzer Hausstand auf den Weg zur Christmette in der Kirche Santo Crocefisso macht. Ich liebe diese Kirche. Vielleicht auch weil es heisst, sie sei auf den Ruinen eines heidnischen Isis-Tempels errichtet worden. Isis, Schutzherrin, Bewacherin und Betreuerin aller Wesen, die leiden oder in großer Sorge sind. Die Kirche ist voller Menschen. Wir stehen dicht gedrängt und ich mache mich innerlich darauf gefasst, die nächsten zwei Stunden eingeklemmt zwischen mehr oder weniger gut riechenden Menschen zu verbringen und bin dankbar für den reichlich verbrannten Weihrauch, der die Luft durchdrängt. Als dann der Chor zu singen anhebt, tragen mich die Stimmen weit weg. In meine Heimat. In meine Kindheit."

in ecce deus adiuvat me

"Am Ostersonntag begibt sich das Kaiserpaar in einer prunkvollen Prozession vom Palast des Konsuls zur Basilika San Michele Maggiore, in der sich Friedrich einst zum König von Italien krönen liess, um die Messe zu hören."

victimae paschali laudes


Cantigas de Santa Maria

Cantiga Elche

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cantiga_Elche.JPG

"Als sie endet, kann ich mein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. «Verzeih, Richildis, verzeih. Dein Gesang ist so schön, so schön –.» «Mama, du musst nicht traurig sein. Ich habe alles, was ich mir je gewünscht habe. Es mangelt mir an nichts."

 

Santa Maria